Im letzten Jahr erlebte die größte Kryptowährung der Welt eine wahre Bärenralley. Nach einem enormen Hype, einem Allzeithoch von knapp 69.000 US-Dollar pro Bitcoin im November 2021 und einem Boom der Non-Fungible Token, kurz NFT, ging es für die ganze Branche bergab. Der Kurs fiel und fiel und erreichte mit knapp 15.000 US-Dollar im vierten Quartal 2022 ein Tief wie zuletzt 2020.
Linke Ökonomen wie Fabio de Masi oder Maurice Höfgen waren schon dabei, mit dem überhypeten „Mythos Bitcoin“ abzurechnen, und warnten davor, in die schwächelnde Kryptowährung zu investieren. Doch seit Jahresbeginn legt der Bitcoin eine beeindruckende Entwicklung hin. Die Investmentbank Goldman Sachs hat Bitcoin kürzlich sogar auf Platz eins unter den Vermögenswerten (Assets) mit der besten Wertentwicklung seit Jahresbeginn platziert.
Darum gab es einen Absturz
War der bisherige Crash aber so endgültig? Der Blockchain- und Krypto-Experte Philipp Sandner (42) hat sich in der Krypto-Szene bereits einen Namen gemacht: Er leitet das von ihm gegründete Frankfurt School Blockchain Center und war Mitglied des Fin-Tech-Rats und des Digital Finance Forum des Bundesfinanzministeriums. Dass es nach dem enormen Hype um Kryptowährungen ab Mitte November 2021 plötzlich bergab mit dem Bitcoin ging, liegt nach seiner Einschätzung nicht daran, dass das Interesse am Bitcoin kleiner wurde.
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Vielmehr liege es an zahlreichen Geschäftsmodellen, die implodiert seien, sagt Sandner der Berliner Zeitung. Beispielsweise am sogenannten Leveraged trading, einem Trick, bei welchem Anleger mit einem Hebel auf dem Bitcoin-Markt spekulieren. Der Trick ermöglicht einem Trader, Positionen zu eröffnen, die größer sind als sein eigenes Kapital. Als der Bitcoin-Kurs etwas sank, wurden viele dieser Positionen liquidiert und es mussten immer mehr Bitcoin verkauft werden. „Diese problematischen Geschäftsmodelle sorgten für eine Art Abwärtsspirale, und der Kurs sank immer weiter“, kommentiert Sandner. Hier hätten vor allem Risiko- und Kleininvestoren, die in Panik verkauft hätten, viel Geld verloren.
„Die Generation 60 plus versteht den Bitcoin nicht“
Mehr Menschen wären infolgedessen abgeschreckt worden, so Sandner. Anleger und Investoren, die bereits davor skeptisch gewesen wären, seien noch skeptischer geworden. „Meiner Erfahrung nach ist das die Generation 60 plus, die den Bitcoin und Blockchain an sich nicht verstehen“, schlägt der Experte auf die Kritik zurück. Der Crash der Kryptobörse FTX habe die Bitcoin-Skeptiker dann endgültig davon überzeugt, die Finger von diesem Investment zu lassen.
Die Kryptobörse FTX wurde im November 2022 offiziell zahlungsunfähig.Andre M. Chang/ZUMA Press Wire/dpa
Nun geht es wieder steil bergauf. Stand der Bitcoin am ersten Januar 2023 noch bei 16.600 US-Dollar, kostet er heute (Stand Donnerstag) knapp 22.700 US-Dollar: Ein Plus von vorerst 37 Prozent. Am 1. Februar waren es sogar 23.700 US-Dollar, plus 43 Prozent zum 1. Januar. Diesen Aufstieg sieht Sandner allerdings nicht so bullisch wie einige Bitcoin-Hardliner: Den Preisstand am 1. Januar könne man nur bedingt mit einem nach vier Wochen vergleichen. Deswegen sollten Anleger solchen Rankings, wie dem von Goldman Sachs, nicht zu viel Bedeutung zusprechen. „Trotzdem heißt das, dass es wieder mehr Käufer des Bitcoin gibt“, so der Experte. Das sei eine positive Entwicklung.
Diesen Aufstieg sieht Sandner allerdings nicht so bullisch wie einige Bitcoin-Hardliner: Den Preisstand am 1. Januar könne man nur bedingt mit einem nach vier Wochen vergleichen.
„Bitcoin wird ein Wertspeicher und Inflationsschutz wie Gold werden“
In El Salvador, einem kleinen Staat in Mittelamerika, hat man ein Experiment gewagt und neben dem US-Dollar den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel eingeführt. Die Zeit wird zeigen, ob es erfolgreich funktioniert. In Deutschland hat der Bitcoin allerdings eine ganz andere Stellung. „Hier in Deutschland ist der Bitcoin eher ein Investitionsobjekt, Skeptiker würden Kryptowährungen auch als Spekulationsobjekt bezeichnen“, sagt Sandner dazu. In Deutschland und Europa sieht der Experte daher die zukünftige Stellung des Bitcoins nicht als Zahlungs-, sondern als Investitionsobjekt: „Bitcoin wird ein Wertspeicher und Inflationsschutz, ähnlich wie es Gold ist, werden.“
Immer, wenn die Inflation in einem Land zunimmt, wächst auch das Interesse an Kryptowährungen und vor allem am Bitcoin, zeigt eine Beobachtung des Experten. In der jetzigen Inflationsphase habe der Bitcoin seine Aufgabe als Wertspeicher zwar verfehlt, denn der Kurs sei noch tiefer gefallen, als die Inflation gestiegen sei. Sandner glaubt trotzdem, „dass man in fünf bis sechs Jahren sehen wird, dass der Bitcoin als Wertspeicher taugt“.
Historische Daten unterstützen seine These, denn die Wertentwicklung des Bitcoin seit der Entstehung 2009 ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte. Kaufte man 2009 bei der Kryptobörse New Liberty Standard für einen US-Dollar noch 1309,03 Bitcoin, sitzt man heute, bei einem aktuellen Kurs von knapp 23.000 US-Dollar, auf einem Vermögen von über 30 Millionen Dollar. Auch wenn diese enorme Wertentwicklung heute nicht mehr vorstellbar ist, zeigt der historische Verlauf immer eine positive Rendite nach vier Jahren. „Deswegen muss man sein Investment mit einem Zeithorizont von mindestens drei oder vier Jahren sehen. Alles darunter wird dem Bitcoin nicht gerecht“, so Sandner.
„Halving“: In diesem Fall wird der Bitcoin „wieder alte Höhen anvisieren“
Beim Preisstand im November 2021, als der Bitcoin kurzfristig sogar bei 69.000 US-Dollar stand, war er der Meinung des Experten nach überbewertet. Und jetzt, in einer Zeit, in welcher immer mehr Banken sich in das DEFI-System für dezentrales Finanzwesen reintrauen und „auch Bitcoin anfangen zu verstehen“, sei er mit 23.000 US-Dollar unterbewertet. Mit einem Zeithorizont von 18 Monaten und mehr gehe es nun steil aufwärts, prophezeit Sandner. In diesem Jahr allerdings erwartet er keine großen Kurssprünge mehr: „2023 wird sich der Kurs zwischen 20.000 und 30.000 US-Dollar bewegen“. Im nächsten Jahr wird aber wieder das „halving“ erwartet, also ein Prozess, bei dem alle vier Jahre der Bitcoin-Betrag, den die Miner erhalten, um die Hälfte reduziert wird. In diesem Fall, vermutet der Experte, „wird der Bitcoin nicht nur die 30.000 US-Dollar-Marke hinter sich lassen, sondern auch wieder alte Höhen anvisieren, sprich die 69.000 Dollar Marke“.
Doch abgesehen davon, ob die Prognosen von Sandner eintreffen oder nicht, ist sich der Experte sicher: „Bitcoin ist keine Spekulation, sondern eine Technologie, die sich durchsetzen wird.“ Das merke er auch an der gesellschaftlichen Debatte über Bitcoin, da der Diskurs inzwischen nicht mehr aus Scheinargumenten wie das der Kriminalitätsfinanzierung oder der Geldwäsche bestehe. Außerdem sieht er, wie viele junge Menschen sich auch bei ihm an der Uni für das Thema Bitcoin interessieren. Sandner ist der festen Überzeugung: „In fünf bis zehn Jahren wird jeder, ob er will oder nicht, mit dem Thema konfrontiert sein. Da bin ich mir sicher.“
Die großen Probleme von Bitcoin
Doch der Bitcoin hat immer noch mit vielen Problemen zu kämpfen. Das Größte ist nach der Einschätzung des Krypto-Experten ein Verbot. Sandner sagt dazu: „Wenn in einem Land Freiheitsrechte nicht so existieren, wie beispielsweise hier in Europa, dann tun sich die Regierungen schwerer mit Kryptowährungen und der Anonymität, die sie bieten.“ Das sehe man beispielsweise in der Türkei, China und in Russland. „Hier hingegen, in einem freien Land, sehe ich kein hohes Risiko eines Bitcoin-Verbots, auch da der Bitcoin als Wertspeicher nicht das Geldmonopol der Europäischen Zentralbank infrage stellt“, so Sandner.
Philipp Sandner. Privatarchiv
Zur Person
Prof. Dr. Philipp Sandner (geb. 1980 in Heidelberg) ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler und Professor an der Frankfurt School of Finance & Management. Er gilt als einer der renommiertesten Experten der Blockchain-Technologie und Bitcoin in Deutschland. 2022 schrieb er ein Handbuch „Alles über Bitcoin, Ethereum und Co.“ in Zusammenarbeit mit Stiftung Warentest.
Neben der Gefahr eines Verbotes ist auch der immense Stromverbrauch, der für die Erschaffung neuer Bitcoin (das Mining) benötigt wird, ein Problem. Bereits jetzt bestehen zwar knapp 50 Prozent des Stroms für das Mining aus erneuerbaren Energiequellen, jedoch wird die andere Hälfte aus fossilen Energieträgern geschöpft. Bei einem Jahresverbrauch von rund 125 Terawattstunden Strom (0,59 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs) ist das Mining von Bitcoin immer noch eine immense Belastung für die Umwelt.
* Der Artikel stellt keine spezifischen Anlage-Empfehlungen dar, sondern gibt die Einschätzungen des renommierten Experten wieder.
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Author: Bruce Smith
Last Updated: 1702678562
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Name: Bruce Smith
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Job: Market Research Analyst
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